Mensch
Reto und Ivan Thöni - sie haben das Schwingen im Blut
Die zwei sind ein starkes Team. Auch wenn am Schluss jeder für sich im Sägemehl steht, trainieren sie oft gemeinsam im Schwingkeller.
02.09.2024 Autor – Annette Marti Fotos – David Birri
Zwei Tage lang standen Reto und Ivan Thöni aus Innertkirchen im Jahr 2010 nicht mehr vom Sofa auf. Gebannt schauten die zwei Brüder am Fernsehen einem Sportler zu, der fortan zu ihrem Vorbild wurde: Kilian Wenger gewann in Frauenfeld das Eidgenössische Schwingfest und liess sich zum König küren. Reto und Ivan Thöni waren begeistert: So ein cooler Kerl, so frisch und frech die Art, wie er schwingen konnte. Noch heute nennen die zwei Wenger als eines ihrer grossen Vorbilder.
Unterdessen haben die beiden Sportler ihre eigene Karriere vorantreiben können und gehören im starken Berner Team zu den aufstrebenden Jungen. Sie haben beide 2022 am Eidgenössischen Schwingfest teilgenommen und waren Teil der Berner Delegation am Unspunnenschwinget 2023. «Das war eine richtig grosse Sache», schwärmt der 20-jährige Ivan. Sein zwei Jahre älterer Bruder Reto pflichtet ihm bei.
Die zwei sind ein starkes Team. Auch wenn am Schluss jeder für sich im Sägemehl steht, trainieren sie oft gemeinsam im Schwingkeller. «Wir proftieren viel voneinander», findet Reto, «vor allem bei der Technik.» Da sie sich so gut kennen, geben sie sich häufig gegenseitig Tipps, was sie besser machen könnten. Gefragtnach dem, was sie an den Fähigkeiten des Bruders besonders schätzen, sagt Ivan: «Reto hat einen unglaublich starken Willen. Ausserdem verfügt er über eine gute Technik ausserhalb der festen Griffe.» Reto wiederum staunt über die Lockerheit, die Ivan oft an den Tag legen kann. Zudem sei er technisch sehr vielseitig. Beide verfolgen ihre Ziele mit zunehmender Strebsamkeit. Reto arbeitet als gelernter Bauzeichner im Ingenieurbüro Pulver in Meiringen und absolviert eine Ausbildung zum TechnikerBauplanung. Hinsichtlich des Trainings hat er seine Krafteinheiten ausgebaut und profitiert vom Knowhow eines anderen grossen Schwingers im Hasli: Matthias Glarner. Ivan hat eine Lehre als Zimmermann abgeschlossen und trainiert dreimal pro Woche im Schwingkeller.
Die zwei Brüder haben ihre Liebe zum Schwingsport nicht gestohlen – die Leidenschaft liegt in ihrer Familie. Bereits der Vater und der Grossvater waren Schwinger. Der erfolgreichste aus der Thöni-Familie war jedoch Grossonkel Beat Thöni, ein begnadeter Schwinger, zu dessen Karriere einer der tragischsten Momente der Schweizer Schwinggeschichte gehörte. 1960 trat Beat Thöni im Schlussgang des Brünigschwingets gegen den späteren Schwingerkönig Karl Meli an und verunfallte schwer. Nach diesem schicksalshaften Tag war Beat Thöni querschnittgelähmt und musste sein Leben im Rollstuhl meistern. «Diese Geschichte ist lange her», sagt Reto Thöni, «und manches ist uns nicht mehr so präsent. Dennoch war es für mich sehr speziell, ausgerechnet am Brünigschwinget meinen ersten Bergkranz zu gewinnen.»
Dieser Kranz im Sommer 2023 sieht Reto als seinen bisher grössten Erfolg. Für Bruder Ivan ist es der Kranz am Bernisch-Kantonalen Schwingfest 2023 in Tramelan. Allerdings muss Ivan vorerst einen Rückschlag einstecken, er verletzte sich im Februar 2024 am Knie und wird die gesamte Schwingsaison pausieren müssen. Doch schon bald wird sich der Fokus wieder auf neue Ziele setzen, beispielsweise auf das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest im Glarnerland im Jahr 2025. An solchen Grossanlässen erleben die zwei Brüder besonders intensiv, was ihnen am Schwingsport am besten gefällt: «Im Kampf steht man sich Mann gegen Mann gegenüber, neben dem Platz wird aber die Kameradschaft grossgeschrieben.»